• DE
  • |
  • EN
  • SHOP 
Looping Group
  • Projekte
  • Ping!
  • Über Uns
  • Jobs
  • Kontakt
Nr. 09
Ping! Der Looping Newsletter

Für mehr Sinn und Verstand in der Redaktionellen Gesellschaft


Der Newsletter der Looping Group


Ping! | 02. Apr. 2020

Corona-Krise:
Fake News gefährden Menschenleben – und Marken


von Michael Remke | Follow

Head of Brand Safety LOOPING GROUP


© Visuals/Unsplash

In wenigen Sätzen

"Schockierend” sei manche Falschbehauptung, sagt ein EU-Sprecher. Propagandisten, Scharlatane, Verrückte - die Corona-Pandemie sehen sie als ihre Chance. Fake News und Verschwörungstheorien verbreiten sich in der Redaktionellen Gesellschaft genauso schnell über die Welt wie das Virus selbst. Einige dieser Falschmeldungen sind harmlos, zum Lachen und leicht zu identifizieren. Manche wollen unsere Demokratie zersetzen. Viele gefährden Menschenleben. Und nicht wenige können anerkannte Marken beschädigen – oder gar zerstören. Fact-Checker und eine eingespielte Brand Safety helfen Marketing-Entscheidern das Schlimmste für ihr Unternehmen zu verhindern.

„The first casualty of war is truth.“ Wer dieses Zitat geprägt hat, ist nicht eindeutig belegt. Vermutlich stammt es aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Einige Quellen sprechen von einer „unbekannten Person aus England“. Andere schreiben die Aussage dem US-Repräsentanten Hiram Johnson zu, der sich 1917 gegen die Politik des demokratischen Präsidenten Woodrow Wilson stellte.

Benutzt haben diesen berühmten Ausspruch von Krieg und Wahrheit viele - Politiker, Journalisten, Soldaten, aber auch die Lügner, die Verschwörungstheoretiker der Welt. Und eins ist auch klar: An dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage dürfte es keinen Zweifel geben. 

Im Krieg mit Corona – und die Wahrheit bleibt oft auf der Strecke

Natürlich ist die aktuelle Pandemie kein Krieg im militärischen Sinne. Die Rhetorik vieler Politiker ist dennoch martialisch. „Wir sind im Krieg“, twitterte US-Präsident Donald Trump und nennt sich selbst „Kriegspräsident“. Selbst Frankreichs sonst eher besonnener Staatspräsident Emmanuel Macron sieht sein Land im Kampf gegen den Virus in einer kriegerischen Auseinandersetzung. „Nous sommes en guerre“, erklärte er seinen Landleuten in einer Fernsehansprache.
 
Wie in einem wirklichen Krieg scheint auch bei Covid-19 die Wahrheit oft auf der Strecke zu bleiben. So schnell sich der Virus über den Globus ausbreitet, so rasant poppen im Internet Falschmeldungen, Fake News und Verschwörungstheorien auf. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht bereits von einer „Infodemie“, einer Mischung von Falschmeldungen und abstrusen medizinischen Tipps. 
 
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius fordert angesichts der zunehmenden Zahl gefährlicher Fake News „ein härteres Vorgehen“ gegen das Verbreiten dieser Lügen. „Fake News in Zeiten der Coronakrise sind brandgefährlich“, sagt der SPD-Politiker. „Sie können Panik, Hamsterkäufe und Konflikte auslösen.“ Pistorius fordert eine „Abschreckung durch Bußgelder und Strafandrohungen“. 
 
In der Bevölkerung dürfte er mit dieser Forderung viele Unterstützer finden. Nach einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des „Edelman Trust Barometers“ von 10.000 Menschen aus zehn Ländern gaben 74 Prozent der Befragten an, dass sie sich um die „Verbreitung gefälschter Nachrichten und Falsch-Informationen über den Virus sorgen“. Fast 40 Prozent informieren sich im Internet über Corona, in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 46 Prozent. Und jeder bekommt vom World Wide Web genau das geliefert, was er glauben will. 

Brand Safety und Fact Checker: In der Corona-Krise die Stützen der Wahrheit 

Immens wichtig und aufschlussreich sind diese Umfrage-Werte zur Internetnutzung auch für die Marketingabteilungen der großen Unternehmen. Denn eins ist klar: Auch während der Corona-Krise, in einer Zeit strategischer Verunsicherung und großer Nervosität, müssen Konzerne weiter kommunizieren, wenn sie nicht untergehen oder ihren über Jahre erarbeiteten guten Ruf verlieren wollen. Sie müssen aufmerksam sein, ob im Netz Fake News ihren guten Ruf angreifen. Und bei allem „social distancing“, den Kontakt zum Kunden müssen Unternehmen zumindest digital dringend aufrechterhalten.
 
Wie aber können Konzerne sensibel und angemessen kommunizieren, um nicht unbeabsichtigt die eigene Marke zu beschädigen? „Brand Journalism“ ist eine Lösung: Das bestmögliche Erzählen wahrhaftiger Inhalte und deren Überprüfung im Unternehmen durch eine angeschlossene Brand Safety-Unit. Denn es ist egal, ob ein Social Asset Post auf Twitter oder Instagram erscheint, ein Video auf Youtube, ein Live-Format auf Facebook oder ein Artikel in einem Magazin. Wichtig ist, dass das Storytelling den Ton trifft, die Fakten stimmen und die eigene Marke durch die Inhalte keinen öffentlichen Schaden erleidet. 
 
Eine gut funktionierende Brand Safety-Einheit kann das leisten. Sie prüft nach fachlichen, ethischen, politischen, kulturellen und juristischen Kriterien. Sie verhindert Falschmeldungen, millionenteure Klagen vor Gericht und vor allem auch Shitstorms.
 
Denn wer in einer Weltkrise wie der aktuellen in einem Social Media-Post mit Formulierungen wie „Spring Fever“ oder „Style Virus“ lustig sein will, zeigt nicht nur schlechten Humor, sondern wenig Verantwortung und eine Ignoranz für den Ernst der Lage. Am Ende könnte ein solcher, an sich fröhlich gemeinter Post das gesamte Unternehmen in Misskredit bringen.
 
Welche verheerenden Auswirkungen ein Shitstorm haben kann, mussten in der vergangenen Woche auch finanzstarke Traditionsunternehmen wie Deichmann, H&M und Adidas erfahren. Ihre Ankündigungen in der Corona-Krise ihre Mietzahlungen für ihre Geschäfte in Innenstädten vorübergehend einzustellen, führte im Netz zu Empörung und Boykottandrohungen. Adidas-Chef Kasper Rorsted sah sich gezwungen, die Meldung öffentlich zurückzunehmen. 
 
Ob diese Entschuldigung den Imageschaden eindämmen kann, wird die Zukunft zeigen. Die Erfahrung lehrt: Einen Shitstorm vergisst die Redaktionelle Gesellschaft so schnell nicht. Er bleibt, auch nach der Corona-Krise.
 
So wie die Brand Safety in der Markenkommunikation spielen die Fact-Checker in den Redaktionen im Kampf gegen die zunehmende Zahl von Fake News eine immer wichtigere Rolle. Sie haben Verantwortung gegenüber denen, die Informationen über Corona vor allem Online suchen. Und das sind zwei von fünf Erwachsenen. Die Fact-Checker müssen Lüge und Wahrheit voneinander trennen und am Ende die „Faker“ und die Verbreiter von Verschwörungstheorien entlarven. 
 
Einige Falschmeldungen sind dabei eher harmlose Spinnerei. Da werden zum Beispiel Knoblauch, gerne in heißem Wasser aufgekocht, oder rote Zwiebeln zur Vorbeugung gegen das Coronavirus empfohlen. Auch die Einnahme von Kuhdungkuchen sowie das Einreiben des eigenen Körpers mit Sesamöl soll in dieser Pandemie helfen. Als Abwehr gegen den unsichtbaren Feind gilt auch das „Spülen der Nase mit Essig“ oder alle 15 Minuten Wassertrinken.
 
Im Iran kursiert im Internet eine abgewandelte Variante. Dort soll man lieber Hochprozentiges gegen das Virus trinken. Mehrere Dutzend Menschen haben es so mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus geschafft, einige sollen sogar gestorben sein – nicht an Corona, am Alkohol.

Hochkonjunktur für Verschwörungstheoretiker

Auch die Anhänger von Verschwörungstheorien haben in Krisenzeiten Hochkonjunktur. Auf YouTube macht ein gewisser Dr. Thomas Cowan aus San Francisco den Ausbau des G5 Telefonnetzes für die schnelle, weltweite Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich. Die Infektion würde sich über die Funkwellen in alle Ecken der Erde verteilen, will der Mediziner herausgefunden haben. 
 
In Facebook-Gruppen kursiert dagegen das Gerücht, Corona sei in einem Labor gezüchtet worden. Nur die Gründe sind nicht ganz klar. Einige behaupten, Wissenschaftler seien von der Pharmaindustrie engagiert worden, damit die Konzerne mehr Medikamente verkaufen und damit noch mehr Geld machen können. Andere sehen dahinter einen Vernichtungsfeldzug wahlweise gegen den Kapitalismus, die USA oder gleich gegen die ganze Menschheit. 

Die East Stratcom Task Force, eine von der Europäischen Union eingerichtete Sondereinheit im Kampf gegen Desinformation von pro-russischen Medien, geht davon aus, dass viele dieser absurden Falschmeldungen direkt aus Moskau stammen. Einige sollen vom Kreml gelenkt sein, andere würden von bekannten pro-Kreml-Medien wie RT oder Sputnik gestreut. Diese hätten sogar verbreitet, dass „Händewasche gegen Corona nichts bringe“. 
 
„Wir haben bereits 150 Beispiele von Desinformationen und Fake News zum Thema Corona dokumentiert“, sagt der Leiter des Referats Strategische Kommunikation im Auswärtigen Dienst der EU, Lutz Güllner, gegenüber Bild. Und das sei „nur die Spitze des Eisbergs“. Vieles davon werde millionenfach in den sozialen Medien geteilt. Güllner forderte Internetkonzerne wie Google, Facebook und Twitter auf „klarer gegen dieses Problem vorzugehen“. 
 
Zeit.de berichtet unterdessen, dass Rechtsextreme und russische Staatsmedien die Corona-Krise nutzen würden, um durch Falschmeldungen, das Vertrauen in die staatlichen Organe zu zerstören. Dabei würden Migranten als Überträger des Coronavirus und damit als Schuldige der Pandemie gebrandmarkt.
 
Amerikas berühmtester „Conspiracy“-Verbreiter, Alex Jones, wittert bei dieser Angst bereits das große Geschäft. Auf der Seite seiner Radioshow „Infowars“ bietet Jones seine „Superblue“ Zahnpasta an. Sie soll mit Garantie gegen Corona helfen. Das „blaue Wunder“ war selbst der Staatsanwältin von New York zu viel. Letitia James sprach von „abscheulichen Lügen“ und von „Profitmacherei auf Kosten der Ängste der New Yorker“. 
 
Selbst US-Präsident Donald Trump, der sich einst bei Jones für dessen Wahlkampfhilfe öffentlich bedankt hatte und der selbst ein Anhänger zahlreicher Verschwörungstheorien ist, will zumindest bei der Corona-Epidemie das Verbreiten von Falschmeldungen stoppen. Sieben Unternehmen droht die Regierung bereits mit Klagen. Auch „The Jim Bakker Show“ wurde von Trump verwarnt. Dort hatte der gleichnamige Fernsehprediger kolloidales Silber, also Silberwasser, zur Heilung gegen Corona angeboten.

Fake News: Manche sind leicht durchschaubarer Quatsch, viele lebensgefährlich

Diese Fake News und Verschwörungen sind natürlich Unsinn, leicht als Quatsch zu identifizieren. Die Überprüfung von Quellen sei für jeden Nutzer „die digitale Variante des Händewaschens“, sagte Medienpsychologe Frank Schwab spiegel.de. Und dennoch: Wer Angst hat und Hoffnung sucht, hält sich womöglich an allem fest. 
 
Dabei gibt es ein paar einfache Checks, um simple Fake News zu enttarnen. Die Internet-Schwindler sind zum Beispiel oft schlecht in Orthografie, wähnen sich immer im Besitz der Wahrheit und haben wichtige Information exklusiv. Auffällig sind auch ihre niemals nachprüfbaren Quellen. 
 
Schwieriger zu erkennen sind dagegen die so genannten „Deep Fakes“. Das können gefälschte Videos sein, in denen Menschen angeblich etwas sagen, was sie in Wahrheit so nie von sich gegeben haben. Die berühmtesten Opfer von „Deep Fakes“ wurden unter anderem die Sprecherin des US-Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi, oder auch Ex-Präsident Barack Obama. 
 
Kriminell werden Falschmeldungen, wenn sie Menschen gefährden. Dazu zählt zum Beispiel der vermeintliche simple Coronavirus Schnelltest. Wer das Gefühl hat, es habe ihn erwischt, solle einfach zehn Sekunden die Luft anhalten. Wer das ohne Probleme schafft, könne aufatmen. Die Lunge sei gesund, ergo kein Corona. Damit es jeder glaubt, werden als seriöse Quellen „japanische Ärzte“ genannt. Diese Art Schnelltest aber gefährdet nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die anderer.
 
Lebensgefährlich sind auch Fake News wie das Trinken von Chlordioxid und das „Wundermittel“ MMS. Beides wird im Netz als Rettung gegen das tödliche Virus gepriesen. Hinter MMS verbirgt sich das Pseudo-Medikament „Miracle Mineral Supplement“. Der angebliche Zaubertrank besteht aus Natriumchlorid, aus dem sich wiederum das giftige Chlordioxid gewinnen lässt. Wenn einen der Corona-Virus nicht umgebracht hat, dieses ätzende Bleich- und Desinfektionsmittel kann es schaffen. Interessant ist dabei, dass Chlordioxid zu Zeiten des SARS-Virus schon einmal als Retter in der Not galt. Damals sollte aber niemand das giftige Zeug trinken. Es ging um die Frage, ob Chlordioxid das Virus im Wasser abtöten kann. 

Fake News vermögen Marken zu zerstören – eine Brand Safety kann den Schaden mindern und aktiv dagegen vorgehen

In Afrika hält sich hartnäckig das Gerücht, dass das Virus bei Temperaturen von über 26 Grad Celsius abstirbt und Menschen mit schwarzer Hautfarbe ohnehin immun sind. Als Beweis wird angeführt, dass die afrikanischen Corona-Fälle alle aus dem Ausland und von Weißen importiert wurden. Das Kinderhilfswerk Unicef geht mittlerweile gegen diese Fake News vor. In so genannten „myth buster videos“ versuchen die UN-Vertreter die Falschmeldungen als solche zu entlarven und gleichzeitig den eigenen guten Ruf zu schützen. 
 
Denn Unicef selbst wurde schon Opfer von Fake News. Im Internet kursiert unter Hinweis auf das UN-Hilfswerk eine Meldung, dass das Trinken von „heißem Wasser“ und „in der Sonne sitzen“ das Coronavirus absterben lässt. „Eiscreme“ und „kaltes Essen“ haben dagegen eine gegenteilige Wirkung. Die Hitze Afrikas als Retter des Kontinents? Eine solche Falschmeldung kann Millionen Menschenleben bedrohen und nebenbei auch noch die Marke Unicef, einer ansonsten weltweit geachteten Organisation, zerstören.
 
Eine gut funktionierende Brand Safety wird solche Fake News, die außerhalb des Unternehmens entstehen, niemals verhindern können. Sie kann sie aber frühzeitig erkennen – und mit einer aggressiven, aufklärenden Krisenkommunikation frühzeitig gegensteuern. 
 
Eine Brand Safety Unit hätte auch der Medizinischen Universität Wien helfen können. Sie war kürzlich ungewollt in die Schlagzeilen geraten. In einer WhatsApp Sprachnachricht hatte eine bisher nicht identifizierte Person unter dem Namen, „Elisabeth, die Mutter von Poldi“, behauptet, dass „Ibuprofen die Vermehrung des Coronavirus beschleunigt“. Die Quelle sei eine „Freundin von der Uni Wien“, die von einer entsprechenden Studie der Hochschule wisse. Die Universität Wien widersprach auf Twitter und nannte die Meldung Fake News. Die Leser auf WhatsApp erreichte die Hochschule damit allerdings nicht. Viele von ihnen werden vermutlich weiterhin an das Ibuprofen-Märchen glauben und die Falschmeldung mit Quellenangabe „Uni Wien“ weiter im Internet verbreiten. 
 
Ein ähnliches Imageproblem könnten auch Aldi und andere Supermärkte bekommen, nachdem im Netz das Gerücht gestreut wurde, sie würden schließen. Bei der täglichen Verschärfung zur Eindämmung des Virus durch Regierung und medizinischen Experten klingt eine solche Nachricht erst einmal nicht so abwegig. Eine Falschmeldung dieser Art fördert aber Unsicherheit, bei manchen sogar Panik, führt zu Hamsterkäufen und im schlimmsten Fall zu Versorgungsengpässen. Beruhigende Worte der Regierung, die Warenlager seien voll – und ein Dementi von Aldi – helfen dann kaum noch. Die Angst, wenn sie einmal ausgelöst ist, bricht sich Bahn. Der Imageschaden ist da. Und Menschen, die für die nächsten Jahre Toilettenpapier zuhause bunkern, stehen als Sinnbild für das, was die durch Fake News ausgelöste Angst anrichten kann. 

 

 

Zur Person

Michael Remke, 57, ist seit 2018 Brand Safety Senior Editor bei der Looping Group in Berlin. Zuvor war der Politologe viele Jahre US-Korrespondent für verschiedene Zeitungen des Axel Springer Verlages und andere deutsche Magazine in New York. Sie können ihm auf Twitter unter @Michael_Remke und LinkedIn folgen.

Der Newsletter der Looping Group


Teilen Sie Ping!


Wurde Ihnen Ping! weitergeleitet?

Jetzt anmelden

Haben Sie Ping! verpasst?

Zum Blog

Folgen Sie uns auf Social Media


© 2020 LOOPING GROUP
  • Datenschutz
  • Impressum