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Ping! | 24. Apr. 2020

Dat Tran: "Roboter-Journalismus wird überbewertet“


von Dr. Matthias Haber

LOOPING GROUP Head of Data

von Ben Seegatz

LOOPING GROUP Associate Data Science


In wenigen Sätzen

Dat Tran leitet den Bereich Künstliche Intelligenz bei Axel Springer und gestaltet den Wandel von Europas größtem Verlagshaus zu einem Technologieunternehmen. Die Redaktionelle Gesellschaft erzwingt gerade auch in technologischer Hinsicht große Fragen – und bietet große Chancen. Im Podcast-Interview beschreibt Dat Tran, wie künstliche Intelligenz Journalisten wirkungsvoll unterstützt und Publisher von Algorithmen profitieren und selbst Data-Teams aufbauen können.

The interview was edited for better readability. Listen to the unabridged interview in the  Ping! podcast!

Ping!: Dat, Newsrooms wie die Los Angeles Times lassen ihre Texte vermehrt durch einen Algorithmus erstellen. Ist neben LKW-Fahrern und Kassierern auch der Job des Redakteurs in Gefahr?

DAT TRAN: Der Roboter-Journalismus wird überbewertet. Es ist bisher nur möglich, regelbasierte Artikel, zum Beispiel über das Wetter, zu verfassen. Wenn man einen ausführlichen Bericht schreiben möchte, braucht es in jedem Fall einen Journalisten. Was sich ändern wird, ist das Arbeitsumfeld der Journalisten. Es braucht künftig keine zwei Junior-Journalisten, die nach geeigneten Bildern suchen und Videos schneiden, das übernimmt der Computer. Die Arbeit eines Journalisten beschränkt sich heutzutage nicht mehr auf das Schreiben eines Artikels; es bedarf auch aussagekräftiger Bilder, Videos und Audiodateien. Ein Journalist muss sich mittlerweile in vielen Bereichen auskennen, und genau da kann künstliche Intelligenz unterstützen, Prozesse zu vereinfachen und Zeit zu sparen.

Gibt es Inhalte, die besser von Computern generiert werden können als von menschlichen Autoren?

Alles, was wir bisher machen können, ist synthetisch generiert, und künstliche Texterstellung funktioniert schon sehr gut; Diese Texte sind von Texten, die von einem Menschen geschrieben wurden, fast nicht mehr unterscheidbar. Manchmal sind noch Informationen fehlerhaft oder es fehlt die Kohärenz. Bei Bildern funktioniert KI noch besser. 2014 war es uns lediglich möglich, Bilddateien mit niedriger Pixelzahl zu generieren, mittlerweile ist es relativ einfach, hochauflösende Bilder herzustellen, die sich von Fotografien nicht mehr unterscheiden lassen. Ähnlich verhält sich das mit Sprachgenerierung. Ich bin immer wieder fasziniert, wie authentisch man aus nur zehn Stunden Datenmaterial eine Sprache generieren kann.  
 
Wie können Publisher in Zeiten von Fake News, Deepfakes und medialer Verzerrung künstliche Intelligenz nutzen, um ihre Glaubhaftigkeit wieder zu erhöhen?

Das ist weniger ein technisches Problem. Das Problem ist eher herauszufinden, was wahr ist. Für jeden Menschen ist Wahrheit etwas anders. Bei Deepfakes kann maschinelles Lernen natürlich helfen. Wenn es jemandem gelingt, mit einer Technologie Fake-Inhalte zu erzeugen, dann gelingt es auch mit vergleichbarer Technologie dagegen vorzugehen.
 
Ist es auch für kleinere Publisher sinnvoll, in künstliche Intelligenz zu investieren?

Es ist weniger eine Frage der Größe, sondern eher eine Frage von Unternehmenszielen. Wo will man in fünf bis zehn Jahren als Unternehmen stehen, inwieweit will man sich neu erfinden? Auch ein kleiner Publisher kann Datenwissenschaftler und Ingenieure einstellen, um an diesen Themen zu arbeiten.
 
In welchen Bereichen künstlicher Intelligenz werden wir in den nächsten Jahren die größten Entwicklungen sehen? 

Es wird große Veränderungen im Bereich der Computer Vision, also der automatischen Erkennung von Objekten in Bildern, und Natural Language Processing, also der computerbasierten Verarbeitung menschlicher Sprache, geben. Insbesondere die Schnittstelle von Sprache und Informatik ist ein großes Thema für uns und auch andere Firmen. 
 
Welchen Rat würdest du anderen Publishern geben?

Wenn du es ernst meinst mit AI und Technologie, dann kaufe keine Technologie ein, sondern investiere in Mitarbeiter, die Entwicklungen in deinem Unternehmen vorantreiben. Alles andere endet in einem großen Chaos.  
 
Berlin ist ein Hotspot für Data Science in Europa. Es gibt ein großes Angebot an talentierten Entwicklern und Datawissenschaftlern, aber auch viele Unternehmen, welche sich auf künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen spezialisiert haben. Wie schwer ist es als Unternehmen, in diesem Umfeld attraktiv für fähige Mitarbeiter zu sein?

Ich habe einige Mitarbeiter von meinem früheren Arbeitgeber Idealo mitgenommen und einige neu rekrutiert. Da habe ich aber eher von meiner eigenen Marke profitiert als vom Ruf von Axel Springer. Grundsätzlich reicht es heutzutage nicht, nur zu sagen, man ist ein Technologieunternehmen. Konzepte wie AI-First und Innovationsoffenheit müssen im Unternehmen auch wirklich gelebt werden und durch entsprechende Projekte für potenzielle Mitarbeiter greifbar gemacht werden.
 
Was zeichnet ein gutes Branding aus?

Ein gutes Team Branding ist etwas, das aus einer guten Teamkultur entsteht. Wenn man es schafft, eine Kultur aufzubauen, die darin besteht, an spannenden Projekten zu arbeiten und Innovation und Forschung zu fördern, arbeiten die Mitarbeiter an Dingen, die ihnen etwas bedeuten. Man kann viel erreichen, wenn man an interessanten Projekten arbeitet und mit Leidenschaft bei der Sache ist. Wenn die eigene Arbeit hingegen keinen Sinn ergibt oder Mitarbeiter zu sehr kontrolliert und eingeschränkt werden, dann werden auch keine guten Ergebnisse dabei herauskommen. Ein gutes Branding entwickelt sich von selbst, wenn die Mitarbeiter sowohl intern als auch extern Erfolge erzielen.
 
Worin bestehen weitere Herausforderungen im Aufbau eines KI-Teams?

Die verschiedenen Möglichkeiten machen es kompliziert. Man kann beispielsweise viele technisch versierte Menschen anstellen. Das Problem bei Axel Springer und anderen deutschen Unternehmen ist aber, dass es eine große Kluft zwischen Unternehmenskultur und Technologie gibt. KI und maschinelles Lernen sind in die meisten Prozesse noch nicht wirklich integriert. Wir brauchen auch Mitarbeiter, die sowohl die Technologie als auch das Geschäftsmodell dahinter verstehen. Das ist die große Herausforderung. 

Zur Person

Dat Tran steht an der Spitze von Axel Springer AI, der Einheit für künstliche Intelligenz der Axel Springer SE, dem größten digitalen Verlagshaus in Europa. Sein Ziel ist es, KI innerhalb von Axel Springer besser zugänglich zu machen und dadurch Innovationen innerhalb des Konzerns voranzutreiben. Dat Tran plant, Axel Springer zu einem AI-First-Unternehmen zu machen. Seine Interessen reichen von traditionellem maschinellem Lernen, Deep Learning, KI im Allgemeinen bis hin zu Computer Vision und NLP. Er ist ein regelmäßiger Redner und hat auf mehreren renommierten Konferenzen Vorträge gehalten. Er bloggt auch über seine Arbeit auf Medium.

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