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Nr. 06
Ping! Der Looping Newsletter

Für mehr Sinn und Verstand in der Redaktionellen Gesellschaft


Der Newsletter der Looping Group


Ping! | 23. Mär. 2020

Die große Cookies-Revolution: Schmiedet endlich Allianzen!


von Matthias Haber | Follow

Head of Data LOOPING GROUP


©  Amanda Lins/Unsplash

In wenigen Sätzen

In Zeiten der Coronakrise verspricht personalisierte digitale Werbung mehr denn je, potentielle Kunden präzise erreichen zu können. Aber kleine und große Marken stehen bei der Ausspielung personalisierter Werbung vor einem tiefgreifenden Wandel. Das Tracking von Nutzerdaten wird in den kommenden Jahren zunehmend schwieriger. Treiber der brisanten Entwicklung sind Big Player wie Google. Die Profiteure heißen Facebook oder Amazon. Wer morgen in der Redaktionellen Gesellschaft noch effektiv werben will, muss heute Allianzen schmieden.

Die Welt, wie wir sie kennen, ist derzeit aus den Fugen. Die wegen des Coronavirus verhängte Kontaktsperre und erzwungene soziale Distanzierung verändern Gesellschaft und Wirtschaft, den Alltag jedes einzelnen, unsere Arbeitsformen, unser Konsumverhalten, unser digitales Nutzungsverhalten. Für Marketingentscheider stellt sich angesichts der Ausfälle von Einzelhandel, Messen, Konferenzen und Events die dringende Frage: Auf welchem Weg können wir zum einen die Bestandskunden, zum anderen potentiell neue Kunden überhaupt noch adressieren?

Das Erlebnis ist uns allen vertraut: Wir suchen über Google nach einem Produkt, klicken auf die verlinkte Seite, verlassen sie wieder und sehen kurze Zeit später auf unserer Lieblingswebsite Werbung für eben genau dieses Produkt. Zumindest wenn wir zu jenen 80 Prozent der Menschen gehören, die derzeit Chrome, Microsoft Edge oder Opera benutzen. [1] Browser wie Firefox, Cliqz und Safari haben schon vor Jahren angefangen, Cookies, welche das Verhalten der Internetnutzer verfolgen, zu blockieren.
Bei Safari werden besagte Cookies stets nach sieben Tagen gelöscht. Mozilla und Firefox folgen dem Trend zu mehr Privatsphäre: Bereits 2015 verwendeten mehr als 200 Millionen Nutzer eine Ad-Blocking-Software auf ihrem Computer und mehr als 400 Millionen nutzen Apps (Browser) auf ihrem Smartphone, die ebenfalls Werbung unterdrücken. [2] Google geht jetzt einen Schritt weiter: Die Chrome-Entwickler kündigten vor wenigen Wochen an, dass schon in zwei Jahren alle Third-Party-Cookies nicht mehr unterstützt werden sollen. Schon 2022 also.
 
Aber was sind Third-Party-Cookies überhaupt? Cookies sind Dateien, die beim Besuchen von Internetseiten auf den Geräten der Nutzer gespeichert werden. Ein First-Party-Cookie stammt normalerweise direkt von der besuchten Internetseite und dient vor allem dazu, die User Experience nachzuvollziehen. First-Party-Cookies werden von Publishern genutzt, um zu verstehen, wie sich die Nutzer auf ihren Webseiten verhalten. Diese Art von Cookies enthalten keinerlei Informationen über das Nutzungsverhalten auf fremden Webseiten.

Third-Party-Cookies werden hingegen meist von Werbetreibenden platziert. Über diese Drittanbieter-Cookies ist es möglich, Nutzerdaten zu Verweildauer und Seitenaufrufen zu erfassen und umfangreiche Profile zu erstellen. Zum besseren Verständnis haben wir den Prozess in diesem GIF visualisiert:

Google-Studie: Der Markt für personalisierte Werbung wird zusammenbrechen

Wie Cookies platziert werden, ist nicht immer nachvollziehbar. Laut einer Statista-Studie vom Februar 2020 werden auf Startseiten durchschnittlich 55 Cookies auf den Geräten der Nutzer platziert, während Unterseiten (zum Beispiel Amazon -> Angebote -> Smartphones) im Durchschnitt sogar 78 Cookies enthielten. [3] Rund 40 Prozent dieser Cookies werden bereits nach weniger als 24 Stunden gelöscht, etwa 4 Prozent hingegen bleiben länger als einen Monat auf den Geräten der Nutzer gespeichert. [4] Bedenklich ist, dass 93 Prozent der Drittanbieter-Cookies aus Regionen stammen, die sich nicht auf europäisches Recht berufen. Somit sind Datenschutzverletzungen und Problemen mit Schadsoftware Tür und Tor geöffnet.

Auch wenn die Abschaffung der Cookies von Drittanbietern aus Sicherheitsgründen sinnvoll ist, wird diese Entwicklung Werbetreibende und Publisher vor grundlegende Herausforderungen stellen. Werbung ist ein gigantischer Markt und personalisierte (programmatische) Werbung macht rund 76 Prozent der Umsätze in der Werbeindustrie aus. [5]

Verhältnis von Programmatic und Non-Programmatic Werbung (Quelle: Statista).

Für personalisierte Werbung werden jährlich rund 120 Milliarden US-Dollar ausgegeben, Tendenz steigend. [6]

Weltweite Ausgaben für Programmatic Advertising in Mrd. USD (Quelle: Statista).

Ohne Cookies von Drittanbietern würden programmatische Kampagnen allerdings stark an Effizienz einbüßen, da die Nutzereigenschaften nur noch ungenau bestimmbar wären. Die Folge: Der Markt für personalisierte Werbung würde zusammenbrechen. Eine von Google durchgeführte Studie zur Abschaffung der Cookies ergab, dass sich die durchschnittlichen Werbeeinnahmen der weltweiten Top-500-Publishers um 52 Prozent verringern würden. [7] Aber auch Google selbst könnte in Bedrängnis geraten. Seine Vormachtstellung auf dem Werbemarkt würde zum Bumerang und das Unternehmen wäre womöglich mit einer Klagewelle wegen Wettbewerbsrechtsverletzungen konfrontiert.

Drei Szenarien für eine Zukunft ohne Third-Party-Cookies

Wie könnte eine Welt ohne Third-Party-Cookies aussehen? Aus Sicht der LOOPING GROUP sind drei Szenarien denkbar:

 

a) Werbeunternehmen finden einen Weg, Internetnutzer auch ohne Third-Party-Cookies eindeutig zu identifizieren,

b) Nutzerinteressen werden in Zukunft in Kohorten zur Verfügung gestellt oder

c) wir erleben eine Wiederbelebung des Contextual Advertising

Die erste Hypothese geht davon aus, dass Werbetreibende auch in Zukunft nicht auf die eindeutige Indentifikation von Nutzern verzichten wollen und versuchen werden, Nutzer mit einem kurzen JavaScript Code in HTML5 zu identifizieren. HTML5 bildet das Skellett sämtlicher Webseiten und enthält Elemente, die dafür gedacht sind, Webgrafiken zu erstellen. Über dieses Element lässt sich aber auch ein digitaler Fingerabdruck mit Informationen über den verwendeten Browser, das installierte Betriebssystem, die Schriftarten und die Grafikkarte erstellen. Laut einer Studie der „Electronic Frontier Foundation“ lassen sich mit canvas fingerprinting rund 84 Prozent der Nutzer eindeutig identifizieren. [8] Als canvas fingerprinting werden Nutzerverfolgungs-Techniken bezeichnet, die Online-Benutzer ohne Verwendung von Cookies eindeutig identifizieren können. Da diese Informationen, anders als Cookies, nicht auf dem Computer gespeichert werden, lassen sie sich auch nicht löschen.

Safari will es Werbefirmen komplett verbieten, Nutzer über canvas fingerprinting zu tracken. [9] Google versucht indes mit der Privacy Sandbox einen Kompromiss zwischen Privatsphäre und personalisierter Werbung zu finden. Die Sandbox ermöglicht es Publishern und Werbefirmen, Nutzerdaten über Schnittstellen direkt aus dem Browser abzurufen. Laut Google sollen Nutzer in Zukunft nicht mehr individuell, sondern nur noch innerhalb von Kohorten identifiziert und mit Werbung angesprochen werden. In diesem zweiten Cookie-Szenario sollen sämtliche Nutzerdaten im Browser, sprich Chrome, gespeichert werden. Schon heute gehen mehr als die Hälfte der globalen Werbeausgaben an Google. Wenn sich die Privacy Sandbox durchsetzt, dürfte der Anteil noch weiter wachsen.

Wo U.S. Werbeausgaben in 2020 hingehen werden (Quelle: eMarketer).

Im dritten Szenario würde ein Dinosaurier der digitalen Werbeindustrie ein Comeback. erleben. In Zeiten des Contextual Advertising wurde Werbung dort platziert, wo Zielgruppen am ehesten vermutet wurden. Werbung für Golfequipment auf Golfseiten, Werbung für Autos in Autoforen. Bereits in den vergangenen Monaten sind mehrere Data-Management-Plattform-Anbieter wie Permutive und Zefr in den Mittelpunkt gerückt, die mit Hilfe neuer Technologien Insights generieren, um Nutzer besser zu erreichen.

Werbung allein auf kontextbasierten Daten auszuspielen ist allerdings ineffektiv, und so werden Werber auch weiter stark auf Nutzerdaten angewiesen sein. Damit diese Nachfrage nicht nur von Unternehmen wie Google, Amazon und Facebook bedient wird, haben sich zuletzt mehrere Allianzen von Publishern gebildet. Single-Sign-on-Systeme haben zum Ziel, dass Nutzer in Zukunft mit nur einer Anmeldung gleichzeitig Zugriff auf Inhalte mehrerer Webseiten erhalten und im Gegenzug Daten über ihr Nutzerverhalten (freiwillig) zur Verfügung stellen. Neben der portugiesischen Login-Allianz Nogio, einem Zusammenschluss der sechs größten Medienhäuser, gibt es bereits weitere Allianzen in der Schweiz (zwischen Ringier, NZZ, CH Media und Tamedia), Frankreich (Gravity – unter anderem zwischen Le Figaro, L'Equipe, LesEchos, Le Parisien und Radio France) und Deutschland (Verimi – Allianz, Deutsche Bahn und Lufthansa und NetID, ProSiebenSat1, RTL und United Internet).

Ab 2022 helfen nur noch Bündnisse gleichgesinnter Publisher

Auch wenn die Tage des Third-Party-Cookies gezählt sind, bleibt die Zukunft des digitalen Werbemarkts ungewiss. Welche Handlungsempfehlungen sich daraus ableiten, hängt maßgeblich von der Perspektive ab. Werbetreibende, die langfristig darauf setzen, Zielgruppen über Third-Party-Cookies zu identifizieren, sollten sich frühzeitig deshalb nach Alternativen umsehen. Denn diese Möglichkeit wird spätestens ab 2022 (in dieser Form) nicht mehr existieren.

Publishern sollten sich daher gezielt nach Partnern und Allianzen umsehen. Auch wenn ihnen im Werbemarkt der Zukunft eine deutlich wichtigere Rolle zukommt, dürften sie sonst im Wettbewerb mit Login-Allianzen und den großen Tech-Unternehmen chancenlos sein. Helfen werden konzertierte Strategien mit Gleichgesinnten, um sich gegen die Internetriesen zu wappnen.

Und wohin werden sich eben diese Internetriesen entwickeln? Es wäre naiv anzunehmen, dass sie ihre Pläne nicht längst ausgearbeitet haben – und gezielt verfolgen.

 

 

Zur Person

Dr. Matthias Haber ist als Head of Data zuständig für alle Themen rund um Zahlen, Messverfahren und Analysen. Matthias Haber arbeitet seit Anfang 2018 bei der LOOPING GROUP und hat vorher als Research Scientist die Data Unit an der Hertie School of Governance geleitet und Organisationen wie den Europarat beim Aufbau ihrer Dateninfrastruktur unterstützt. Als Gastdozent unterrichtet er regelmäßig an der Universität und führt Studierende in die spannende Welt von Data Science ein.

 

 

 

[1] https://gs.statcounter.com/

[2] https://www.statista.com/topics/3201/ad-blocking/

[3] https://arxiv.org/pdf/2001.10248.pdf

[4] https://insider.integralads.com/life-third-party-cookie/

[5] https://www.statista.com/outlook/216/100/digital-advertising/worldwide#market-revenue

[6] https://www.statista.com/statistics/275806/programmatic-spending-worldwide/

[7] https://www.onaudience.com/resources/3rd-party-cookies-and-post-cookies-advertising-fact-check/ 

[8] https://panopticlick.eff.org/static/browser-uniqueness.pdf

[9] https://www.heise.de/mac-and-i/meldung/Tracking-Schutz-im-Browser-Safari-Apple-warnt-Werbefirmen-vor-Umgehung-4498286.html

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