• DE
  • |
  • EN
  • SHOP 
Looping Group
  • Projekte
  • Ping!
  • Über Uns
  • Jobs
  • Kontakt
Nr. 14
Ping! Der Looping Newsletter

Für mehr Sinn und Verstand in der Redaktionellen Gesellschaft


Der Newsletter der Looping Group


Ping! | 21. Apr. 2020

LinkedIn:
Wie man das Interesse der besten Talente weckt
(Serie "Marktplätze", Teil 2)


von Dr. Holger Schmidt | Follow

Hochschuldozent und Kolumnist


© Adam Solomon/Unsplash

In wenigen Sätzen

In einer Zeit, in der an höchster Stelle Fakten ignoriert und allerorten Nachrichten manipuliert werden, gilt es, publizistische Verantwortung neu zu denken. In unserer Serie über die „Marktplätze in der Redaktionellen Gesellschaft“ beleuchten wir die Charakteristika einzelner Social-Media-Kanäle und digitaler Plattformen wie beispielsweise LinkedIn, XING und YouTube. Sie soll aufzeigen, wie einerseits User einer neuen Art des Journalismus nachgehen und andererseits Plattformbetreiber zu Publishern mit gewaltiger Marktmacht geworden sind. Nach dem Serienauftakt letzte Woche von Jan Fleischhauer zu Twitter, schreibt Dr. Holger Schmidt heute in Teil 2 über die Business-Plattform LinkedIn.

Gary Vaynerchuk, Pop-Ikone der sozialen Medien, hat einen neuen Favoriten. „Wer Inhalte auf LinkedIn produziert, bekommt eine bemerkenswert hohe Reichweite. Dort lässt sich Reputation skalieren, vor allem für B2B-Unternehmen, die nie zuvor eine richtige Heimat im Netz hatten.“ Das hat sich herumgesprochen. Im Windschatten von Facebook ist das Business-Netzwerk auf 675 Millionen Nutzer gewachsen. 14 Millionen davon stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, darunter inzwischen auch viele Top-Manager wie Joe Kaeser, Tim Höttges und Jennifer Morgan. Oder VW-Chef Herbert Diess, der LinkedIn nutzt, um die Reaktion des Konzerns auf Tesla oder das Corona-Virus zu erläutern und zu diskutieren. Weil ein Unternehmens-Account auch auf LinkedIn die Persönlichkeit nicht ersetzen kann, sind nun die Manager gefragt. Dieses Klientel sucht weder Katzenvideos noch posierende Influencer, sondern relevante Reichweite. Und findet sie offenbar: Jede Sekunde kommen drei neue Nutzer hinzu.
 
Die Ursache der Popularität liegt im Arbeitsmarkt begründet. Das beliebte „Post & Pray“, also das Schalten einer Stellenanzeige in der Hoffnung auf geeignete Bewerbungen, funktioniert immer weniger – zumindest für die vielen Digital-Jobs, bei denen die Schere zwischen Angebot und Nachfrage stetig wächst. Das Interesse dieser Talente zu wecken wird zunehmend Aufgabe der Führungskräfte, die sich nicht mehr dahinter verstecken können, wenn die Personalabteilung nicht fündig wird. Führungskräfte stehen heute in der Verantwortung, die Talente für ihre Abteilung selber zu finden. Und das geschieht überwiegend auf LinkedIn. Und so wird die Liste der 20 Nutzer mit der größten Reichweite in Deutschland nicht zufällig von Andreas von der Heydt angeführt, dem Director Talent Acquisition bei Amazon. Dahinter sind auch nicht die üblichen Verdächtigen aus der Influencer-Szene zu finden, sondern Manager, Gründer, zwei Ex-Sportler und zwei Journalisten.

Wer Reichweite will, muss die Geheimnisse kennen

Wie auf jedem zweiseitigen Markt muss das Netzwerk dafür sorgen, dass die begehrten Fachkräfte tatsächlich dort aktiv sind. Dafür werden die Inhalte gebraucht. Damit dieses Business-Klientel die interessanten Inhalte im Newsfeed vorfindet, wird der LinkedIn-Algorithmus, das Herzstück des Netzwerks, streng auf Qualität getrimmt – und immer wieder nachjustiert. 
 
Wer mit seinen Beiträgen tatsächlich die von Veynerchuk in Aussicht gestellte Reichweite erzielen will (und nicht gerade DAX-CEO ist), sollte dessen Geheimnisse kennen. Zum Beispiel akzeptiert der Algorithmus die weit verbreiteten Werbepostings in eigener Sache (Treffen mit Promi X, Workshop in Konzern Y oder neues Buch zum Thema Z) nur dann, wenn sie in der richtigen Mischung zu spannenden Nachrichten, relevanten Branchennews oder tiefgehenden Hintergründen stehen. Der Algorithmus belohnt auch Inhalte, die gut zum Job passen, relevant für das Netzwerk sind und die Nutzer ansprechen, mit denen regelmäßig interagiert wird. Wer also ständig das Thema wechselt, wird auf LinkedIn tendenziell weniger Menschen erreichen als Spezialisten, die ihrem Fachgebiet treu bleiben. Vom Algorithmus mit geringer Reichweite gestraft werden auch die „Oversharer“, die zu oft mit Irrelevantem nerven, Links zu alten Nachrichten unkommentiert verbreiten oder die Kommentarfunktion für Werbezwecke missbrauchen. Wer mit seinen Posts dagegen viele Interaktionen hervorruft und Diskussionen auslöst, ist auf LinkedIn wie auf Facebook gerne gesehen. Aber: „Click-Bait“ sollte es nicht sein. 
 
Da der Algorithmus nicht alle wichtigen Inhalte sofort identifizieren kann, leistet sich LinkedIn eine Nachrichtenredaktion mit mehr als 70 Journalisten. In Deutschland leitet Sara Weber das vierköpfige Team, das Nachrichten kuratiert und Debatten anstößt. Das wirkt: Mein Posting über das Ende des Streetscooters bei der Deutschen Post hatte zuvor etwa 35.000 Leser. Nachdem die LinkedIn-Redaktion den Beitrag zu einem Themenpaket hinzugefügt hatte, wurden daraus schnell 65.000 Leser und mehr als 100 Kommentare. 

Anfragen unbekannter Sales-Leute sind verpönt

Mit wachsendem Erfolg unterliegen soziale Netzwerke oft der Versuchung, organische Reichweite in eine bezahlte Reichweite umzuwandeln, was bei Facebook ziemlich erfolgreich funktioniert hat. Die Gefahr sollte auf LinkedIn eher gering sein, denn das Netzwerk erzielt seine knapp 7 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr überwiegend mit kostenpflichtigen Tools für Personalabteilungen. Dieses Kerngeschäft würde leiden, wenn die wichtigen Inhalteproduzenten zur Kasse gebeten würden. Denn aus Sicht des Plattformbetreibers lohnt es sich, die preiselastische Marktseite (Nutzer) zu subventionieren und dafür die preisunelastische Seite (Unternehmen) zahlen zu lassen. Das Argument erklärt auch, warum LinkedIn seinen zahlenden Premium-Kunden zwar einige Vorteile gibt, aber die nicht-zahlenden Standardkunden trotzdem weder drangsaliert noch substanziell benachteiligt. Ein wohltuender Unterschied zum Konkurrenten Xing, der seine Basismitglieder bei jeder Gelegenheit zum Upgrade nötigt. 
 
LinkedIn baut stattdessen die Angebote für die ohnehin zahlende Kundschaft aus: Die Übernahme des Bildungsdienstleisters Lynda zahlt auf das Trendthema E-Learning ein, Analytics-Tools geben den Personalabteilungen Insights über ihre Belegschaften und auch bei der Automatisierung des Recruitings will LinkedIn helfen. Für alle drei Modelle wäre es töricht, die Nutzer mit sinkenden Reichweiten oder nervigen Zahlungsaufforderungen zu verprellen. 
 
Der Erfolg lockt allerdings auch Nutzer an, die so etwas wie die Kaltanrufe aus dem Telefonmarketing nun hier versuchen. Kontaktanfragen unbekannter Sales-Leute, denen sofort das Angebot einer Dienstleistung folgt, sind ebenso verpönt wie spammige Kommentare. Zum Glück lassen sich diese Kandidaten schnell wieder entfernen und/oder melden. Und wer zu viele Kontaktanfragen bekommt, kann die Standardeinstellung von „Vernetzen“ auf „Folgen“ umstellen. Damit wird LinkedIn – ähnlich wie Twitter – zu einem asymmetrischen Netzwerk. Und wer die Hemmschwelle noch ein Stück heraufsetzen will, kann die Möglichkeiten für Kontaktanfragen an weitere Bedingungen knüpfen.
 
Der Mann, der LinkedIn in den vergangenen elf Jahren fernab aller Turbulenzen zum unangefochtenen Weltmarktführer der Business-Netzwerke geformt hat, tritt am 1. Juni ab. Jeff Weiner übergibt dann an seinen Produktchef Ryan Roslansky, der ebenso lange schon an Bord ist und unverdächtig, mit allzu wilden Aktionen den Erfolg zu gefährden. Nur an einem muss LinkedIn noch arbeiten: Als Folge-Empfehlung schlägt mir das Netzwerk Borussia Dortmund vor. Auch der beste Algorithmus kann sich ja mal irren. #S04

Zur Person

Dr. Holger Schmidt lehrt Digitale Transformation an der TU Darmstadt, schreibt als Kolumnist für das Handelsblatt und hält Vorträge. Seit seiner Zeit als Journalist (FAZ) in sozialen Medien unterwegs, meist auf Linkedin (drholgerschmidt) und Twitter (@HolgerSchmidt) zu finden. Lieblingsthemen: Plattformökonomie und Plattform-Index.

Hier geht es zu Teil 1 der Serie über die Marktplätze in der Redaktionellen Gesellschaft: Oberlehrer, Blockwart, Prediger: Die Twitter-Typologie in Zeiten von Corona - Jan Fleischauer

Der Newsletter der Looping Group


Teilen Sie Ping!


Wurde Ihnen Ping! weitergeleitet?

Jetzt anmelden

Haben Sie Ping! verpasst?

Zum Blog

Folgen Sie uns auf Social Media


© 2020 LOOPING GROUP
  • Datenschutz
  • Impressum