It's Marketing Strategist Barbie!

Fünf Lehren aus der Marketingkampagne von Barbie

Text von

Eva Salomon, Editor LOOPING GROUP LINKEDIN

Foto von

Courtesy Warner Bros. Pictures
03.08.2023 5 MINUTEN

  • Eine clevere Marketingstrategie hat Barbie zu einem der profitabelsten Filme der Kinogeschichte gemacht.

  • Der Hype in den sozialen Medien sowie strategische Partnerschaften waren entscheidende Marketinginstrumente, um das Publikum zu begeistern und den Film zu einem Erfolg zu machen.

  • Indem Mattel den Produzent:innen von Barbie volle kreative Freiheit gewährte, hat das Unternehmen gezeigt, dass es sich auszahlt, als Marke mutig zu sein.

Am 21. Juli 2023 stürmten pink gekleidete Menschenmassen weltweit die Kinosäle: Der mit Spannung erwartete Film Barbie feierte seine Premiere. Nach dem Eröffnungswochenende hatte die Produktion bereits über 300 Millionen Dollar eingespielt. Seit Monaten ist Barbie das Gesprächsthema in den sozialen Medien (und auch darüber hinaus). Wie konnte es so weit kommen?

Das können wir lernen aus dem Erfolg von Barbie, dem Hype, der den Film ausgelöst hat sowie der Botschaft, die uns Barbie sendet.

1. Barbie kennt sich mit Social Media aus

Wenn es eine Sache gibt, die das Marketing von Barbie gut verstanden hat, dann ist es, eine Dynamik aufzubauen. Mit einem Marketingbudget von 150 Millionen Dollar im Rücken haben Warner Bros. und Mattel ein cleveres Social-Media-Spiel betrieben, das die Barbiecore-Bewegung ins Rollen brachte.

Der erste Teaser-Trailer für Barbie ging im Dezember 2022 bereits kurz nach seiner Veröffentlichung in den sozialen Medien viral. Er bezog sich musikalisch wie szenisch auf Stanley Kubricks Sci-Fi-Klassiker A Space Oddyssey (2001).

Drei Monate später folgte ein zweiter Barbie-Teaser, in dem Barbie und Ken durch eine bonbonfarbene Welt purzelten. Beide Videoclips verrieten so gut wie nichts über die Handlung. Josh Goldstine, President of Global Marketing bei Warner Bros., bezeichnete dies in in dem Branchenmagazin Variety als „Breadcrumb-Strategie“: „Wir haben den Leuten kleine Elemente des Films gegeben, um die Neugierde zu wecken – und das hat für Gesprächsstoff gesorgt.“

Dann wurde der Barbie-Selfie-Generator eingeführt, mit dem die Fans glitzernde, collagierte Barbie-Selfies (sprich: kostenloses Marketingmaterial) auf Instagram verbreiten konnten. Sogar Darsteller:innen wie Dua Lipa machten mit und teilten ihr Selfie mit 88,1 Millionen Follower:innen.

Die Macht der Redaktionellen Gesellschaft und der Social-Media-Trends erreichte jedoch ihren Höhepunkt, als irgendwo in den Tiefen von TikTok die Barbenheimer-Bewegung entstand. Menschen ermutigen andere Menschen, sowohl Barbie als auch Oppenheimer am selben Tag zu sehen. Die beiden Filme könnten nicht gegensätzlicher sein, was ihr Genre und ihre Stimmung betrifft. Doch feierten sie beide am 21. Juli Premiere. 

2. Kultur kommt vor Inhalt

In den sozialen Medien wurde Barbie schnell zu einem kulturellen Phänomen. Es folgten eine Vielzahl von Markenkooperationen, denn natürlich wollte jede Marke von dem enormen Hype profitieren. Crocs brachte rosa Barbie-Schuhe auf den Markt, Airbnb bot ein echtes Barbie-Traumhaus in Malibu zur Vermietung an – und Sie sollten mal ausprobieren, was passiert, wenn Sie „Barbie“ googeln ... 

Außerdem überraschte uns Xbox letzte Woche mit einer fuchsiafarbenen Barbie-Konsole, die in einem rosa Traumhaus mit passenden Controllern verpackt ist.

Ein viraler Thread des Markenstrategen Moshe Isaacian auf der Plattform, die früher als Twitter bekannt war, listete fast alle Kooperationen auf. Er sagte in einem Interview mit dem Onlinemagazin Digiday: „Die größte Lektion für Vermarkter ist, sich anzuschauen, mit wem sie sich für eine Partnerschaft entschieden haben und wie sie die Marke in verschiedenen Teilen der Kultur aufregend und relevant machen wollen.“

3. Mattel wagt es, mutig zu sein

... und hat nichts dagegen, zum Gespött der Leute zu werden. Als Kreativagentur freuen wir uns, dass die Firma Mattel – die Warner Bros. mit der Entwicklung von Barbie beauftragt hat – die gesamte kreative Verantwortung an die Drehbuchautorin und Regisseurin Greta Gerwig abgegeben hat. Und oh, wie sich das für Mattel gelohnt hat: 110 Millionen Dollar Einnahmen, wovon 75 Millionen aus dem Verkauf von Spielzeug bestehen. 

Aber die Firma Mattel schneidet in diesem Film nicht gut ab. Die ausschließlich männlichen Vorstandsmitglieder unter der Leitung von CEO Will Ferrell sehen wie stümperhafte Idioten aus, die in ihrem Hauptquartier im Stil eines Cartoon-Bösewichts sitzen und über Barbies Glauben entscheiden. Der Film geht sogar auf den Steuerbetrug ein, für den Barbies Erfinderin und Mattels erste Präsidentin Ruth Handler in den 70er-Jahren angeklagt wurde.

So beängstigend das für eine Traditionsmarke wie Mattel auch gewesen sein mag, diese Entscheidung fügte der Geschichte eine wichtige Ebene des Selbstbewusstseins und eine gesunde Dosis Humor und Selbstironie hinzu. Das kommt letztendlich dem Film und damit auch Mattel zugute. Vielleicht wird dies mehr Marken dazu inspirieren, mutig zu sein und einem kreativen Prozess zu vertrauen. 

4. Barbie vs. The Haters 

Wir müssen Ihnen leider sagen, dass es trotz Barbies ermutigender Botschaft der Selbstakzeptanz immer noch Menschen auf diesem Planeten gibt, die den Film gesehen haben und sich beleidigt fühlen. Die feministische Fabel, die sich um die Wahrnehmung der heutigen Gesellschaft durch Frauen dreht, gibt ein (etwas verwässertes) Statement gegen das Patriarchat ab. Das hat konservative Zuschauer:innen dazu veranlasst, den Film als „woke“ und „männerfeindlich“ zu bezeichnen.

Aber Barbie interessiert sich nicht für die Männer. Barbie ist für die Frauen da. Es gibt immer noch den Irrglauben, dass man nur dann erfolgreich sein kann, wenn man sich an Jungen und Männer wendet. Schauen Sie sich nur einige der umsatzstärksten Filme der letzten zehn Jahre an: praktisch alle Avengers-Filme, Spiderman: No Way Home und Jurassic World

Deshalb waren wir positiv überrascht, dass ein Film, der von, über und für Frauen (und Mädchen und Queere) gemacht und vermarktet wird, ein Budget von 145 Millionen Dollar hat und am Eröffnungswochenende Rekorde bricht. Barbie ist derzeit der erfolgreichste Film an den Kinokassen, der unter der Regie einer Frau entstanden ist.

5. Feminismus ist heiß, aber Barbie ist es auch 

Ein wichtiger Handlungsstrang des Films besteht darin, dass die stereotype Barbie (gespielt von Margot Robbie) sich langsam der von Mattel geschaffenen falschen Darstellung bewusst wird. Demnach ist Barbie eine Inspiration für kleine Mädchen, alles zu werden, was sie wollen. 

In Wirklichkeit hat sie seit den 60er-Jahren ungewollt einen unerreichbaren Schönheitsstandard für Mädchen und Frauen gesetzt. Wahrscheinlich gerät aus diesem Grund nur die stereotype Barbie in eine existenzielle Krise. Denn ihre Rolle in Barbieland als bloße Schönheitsikone neben Physiker-Barbie, Präsidenten-Barbie und Diplomaten-Barbie fühlt sich im Jahr 2023 nicht mehr gültig an. Und dann fühlt sich die stereotype Barbie auch noch zunehmend unsicher in Bezug auf ihren Körper. 

Gerwig verleiht dem Ganzen einen witzigen Dreh, indem sie mitten im Film die vierte Wand durchbricht und die Erzählerin (im Original von Helen Mirren gesprochen) zugeben lässt, dass Robbie vielleicht „nicht die beste Wahl für die Besetzung war, wenn sie sich hässlich fühlt“.

Ein schwerwiegender Widerspruch zu der gesunden und feministischen Botschaft des Films ist allerdings die Tatsache, dass Barbie Unternehmen wie Mattel und Warner Bros. (beide überwiegend von Männern geführt) Millionen von Dollar und Lizenzverträgen eingebracht hat. Da sich Kapitalismus und Patriarchat auf die Existenz des jeweils anderen stützen und davon profitieren, trägt nicht gerade dazu bei, dass Barbie das #Patriarchat zerschlägt. Aber wir sind bereit, ihr das zu verzeihen. Denn kein Film kann perfekt sein. Schließlich leben wir in The Real World.

Zur Person

Eva Salomon ist seit 2023 Editor bei der LOOPING Group. Sie arbeitet mit einer Vielzahl von Kunden an Social-Media- und Markenkampagnen und hat einen Background im Journalismus. Sie interessiert sich für Popkultur, Filme und das Erzählen von Geschichten.

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