Drei sichere Wege, um seinen Newsroom-Umbau ganz schnell in den Sand zu setzen

Words by

Roman Heflik, Director Newsroom, LOOPING GROUP
07.02.2023

In diesem Artikel zeigen wir, wie ein Change-Projekt - beispielsweise die Neuaufstellung eines Newsrooms - ganz schnell schiefgehen kann. Und warum Sie sich für so ein Vorhaben genügend Zeit lassen sollten. 

Nehmen wir an, Sie haben in Ihrem Unternehmen bereits einen Newsroom oder zumindest eine abteilungsübergreifende Themenkonferenz. Doch irgendwie läuft es nicht rund: Die Pressesprecher*innen verstehen nicht, warum die Channel-Manager*innen ihre telegrammartigen Kurz-Briefings nicht in schimmernde Content-Juwelen verwandeln. Die Newsroom-Leitung ist genervt, weil Govermental Affairs sie erst eine halbe Stunde vorher über den Besuch des Wirtschaftsministers informiert hat. Und die Vertriebs-Kolleg*innen besuchen schon seit Wochen nicht mehr die gemeinsamen Meetings. 

Der Vorstandschef kriegt Wind von den Ruckeleien – und macht Ihnen eine Ansage: schnellstens ihren Laden in Ordnung kriegen, am besten alles mal auf links drehen mit einer Reorganisation, die alle aufweckt und klare Verhältnisse schafft. Zeit, um die Mitarbeitenden einzubinden, ist nicht, dennoch führen Sie die Anweisung aus: Der Newsroom wird umgebaut, Rollen werden neu zugeschnitten, Verantwortlichkeiten neu verteilt. Komisch, dass sich die Performance trotzdem nicht verbessert. Schlimmer noch: Die Mitarbeitenden scheinen immer demotivierter, der Krankenstand steigt, es gibt erste Anzeichen von Burnout im Team.  

Mit einer ähnlichen Situation wurden wir von LOOPING bei einem großen Kunden konfrontiert. Schon bei den ersten Gesprächen mit Mitgliedern der Newsroom-Mannschaft stießen wir auf ein riesiges Maß an Frustration, bei einigen auch auf pure Resignation. Wir fanden heraus, dass der Newsroom bereits zweimal reorganisiert worden war. Jedes Mal hatten schlaue Menschen gute Ideen ausprobiert – und trotzdem hatte sich die Stimmung von Mal zu Mal verschlechtert. „Wir haben nur noch diesen Versuch“, sagte uns der Newsroom-Chef. „Die Leute können nicht mehr.“  

Das Problem fanden wir in diesem Fall bald: Alle Reorganisationen waren von ganz oben verordnet worden. 

Man könnte die Sache auch so herumdrehen: Wer ganz sicher gehen will, den Umbau seiner Kommunikations- oder Marketingabteilung oder den Aufbau seines Newsrooms in den Satz zu setzen, sollte unbedingt ein bis zwei der folgenden drei Dinge tun: 

  1. Ziehen Sie die Sache so top-down wie möglich durch. Verordnen Sie möglichst öffentlichkeitsstark den Mitarbeitenden einen möglichst radikalen Wandel. Das Konzept dafür sollten möglichst nur Sie und der Vorstand kennen, Ihr Team hat die Sache dann zu exekutieren. 

  2. Geben Sie Gas und setzen Sie möglichst knappe Fristen zur Umsetzung. Schließlich entstehen auch Diamanten nur unter Druck! 

  3. Denken Sie zuallererst an Ihren Bereich, kümmern Sie sich gar nicht um die anderen Abteilungen oder Teams? Wer braucht die schon? Hauptsache, Sie können der Chefin oder dem Chef als erste die Ausführung melden. 

 

Mal im Ernst: Die Wahrheit ist, dass die Optimierung – und auch der Aufbau – eines Newsrooms ein Change-Projekt ist, das Fingerspitzengefühl, Mühe und Zeit erfordert. Wer einen Newsroom um- oder aufbaut, muss sich bewusst machen, dass er/sie über die Lebensrealität von Menschen entscheidet. Wer sich nicht die Zeit nimmt, die Arbeitswelt dieser Menschen zu durchdringen und ihre Sorgen und Ideen anzuhören, zeigt das geringe Interesse diesen Mitarbeitenden gegenüber. Und übergeht all die Erfahrungen und das Know-how, das diese Menschen im Dienste des Unternehmens angesammelt haben – und die für einen erfolgreichen Umbau goldwert sind.  

Daher hier einige (stark verkürzte) Tipps für Ihr neues Lieblings-Change-Projekt: 

  1. Skizzieren Sie zunächst für sich, was Sie sich vom Umbau versprechen, und holen Sie sich das grundsätzliche „Go“ Ihres Leadership-Teams 

  2. Identifizieren Sie alle Stakeholder, die für den Erfolg des Projekts relevant sind 

  3. Holen Sie sich externe Hilfe, um einen strukturierten mit Dialog mit Ihren Stakeholdern zu treten, beispielsweise in Form von Workshops oder Einzelinterviews 

  4. Zudem fällt es Team oder Kolleg*innen leichter, Konzepte von externen Dienstleistern ehrlich und offen zu kritisieren  

  5. Bei den Stakeholdern handelt es sich um Ihre Vorgesetzten, wichtige Nachbar-Abteilungen, weitere Personen mit Schnittstellen zu Ihnen – und vor allem um Ihr Team 

  6. Binden Sie diese Menschen kontinuierlich ein 

  7. Geben Sie ihnen immer wieder über Orientierung über die Zielstellung und den Zeitplan 

  8. Nehmen Sie sich Zeit für Einzelgespräche, zum Beispiel, wenn es um individuelle Rollen-Zuschnitte geht 

  9. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Prozesse mit denen anderer Abteilungen harmonieren 

  10. Machen Sie mit den neuen Abläufen Trockenübungen! Simulieren Sie dafür im Team immer wieder verschiedenste Situationen 

  11. Nehmen Sie sich Zeit für diesen Veränderungsprozess – ein Prozess, der ja meist im laufenden Betrieb neben der täglichen Arbeit erfolgen muss. Zeiträume von mindestens sechs Monaten bis zwei Jahren sind nicht ungewöhnlich. Die Strecke ist lang, also vergessen Sie nicht, kleine Zwischenetappen immer wieder im Team als Erfolg zu feiern!